Arugam Bay

Ok, ich geb´s zu: außerhalb der Saison alleine als Frau in ein muslimisches Dorf zu fahren ist nicht die allerbeste Idee. Aber die Arugam Bay ist immerhin einer der Top 10-Surfspots der Welt, da muss doch was los sein?! Jaaa…wenn man surft und im Mai kommt, dann schon. Und zwar jede Menge. Jeder sagte es sei cool dort und da ich eh eine Rundreise machen wollte, dachte ich auch: hey, zwei Wochen vor Beginn der Surfsaison wird da schon irgendwas sein und ein bisschen am Strand abhängen geht ja immer. Pustekuchen.

Da die Arugam Bay sehr weit ab vom Schuss an der Ostküste liegt und mit dem Bus schwer zu erreichen ist, habe ich mir ausnahmsweise ein Taxi genommen. Dieser Trip stand schon auf dem Hinweg unter keinem guten Stern: kurz nach der Abfahrt fragte mich der Taxifahrer bereits über persönliche Dinge aus (das ist hier soweit erstmal nichts ungewöhnliches), also ob ich denn verheiratet sei und so weiter. „Neeeeein, bist du nicht?? Was machst du hier alleine? Hm… (Schweigen) Und auch keinen Freund? (doch, doch…ähhh…klar…in Deutschland) Ok, wie alt bist du denn? 30, waaas?? Und keine Kinder? Dann wirds aber Zeit, das ist ja seeehr spät da hast du vllt maximal noch fünf Jahre!“ D A N K E, Arschloch. Da baut man sich monatelang wieder ein kleines bisschen Zuversicht auf und du Vollidiot haust alles innerhalb einer Minute wieder kaputt. Naja…nicht aufregen, immer freundlich lächeln. Sind ja zum Glück nur noch weitere 5,5 std Fahrt…

Ich bin zu dem Zeitpunkt noch dankbar, dass er sich zumindest voll auf den eh schon wilden (Straßen-)Verkehr konzentriert und wir mit 50km/h dahin tuckern – schneller ist hier eh unmöglich. Je länger wir aber über die kurvigen Landstraßen fahren, umso verrückter wird diese Fahrt. Er wird immer müder und müder, ich kriege langsam Panik. Überholen bei Gegenverkehr und Kurve? Kein Problem! Immerhin kann er auch noch ans Telefon gehen und steuern gleichzeitig. Um sich wach zu halten schmeißt er ne DVD (!) ein, und dann – ich suche entgültig nach der versteckten Kamera – kommt das: eine Art Sri Lankanische Boney M-Version trällert „Jingle Bells“ und „Final Countdown“ auf der Bühne!! Ich nehme es noch irgendwie mit Humor. Nur nach dem fünften wirklich fast-Frontalcrash mit Vollbremsung werde ich laut und bitte ihn, vorsichtiger zu sein. Geschafft, wird sind fast da. Aber halt nur fast. Kurz vor dem Endziel und lange nach Sonnenuntergang führt die Strecke nochmal durch einen dunklen Nationalpark, sprich Dschungel. Und genau dann fällt ihm nix besseres ein, als auf der verlassenen Straße anzuhalten?! Im Ernst jetzt? Ich kriege leichte Panik. Niemand weit und breit hier, nur ich allein mit diesem verrückten Fahrer. Ich bin sehr erleichtert als er wirklich nur zum Pinkeln aussteigt und wir nach 2min unsere Weiterfahrt antreten. Von da an zähle ich die Kilometer und lasse Route und Zeit auf Google Maps mitlaufen – danke Internet! Ich bin noch nie so erleichtert aus einem Auto gestiegen.

Achso ja…zurück zu Arugam Bay: Der überaus freundliche und teilweise schon zu sehr hilfsbereite Besitzer meiner Unterkunft nimmt mich in Empfang und macht mir sogar schnell noch was zu essen, obwohl es eigentlich (noch) kein Restaurant ist. Ich will mir nur noch schnell die Beine vertreten und die Gegend abchecken, merke aber schnell: keine gute Idee. Es ist erst 19h aber es sind kaum noch Leute auf der Straße außer Männern. Ich sehe kaum andere Touristen und schon gar keine Frauen, vor allem keine einheimischen. Die Menschen hier sind Touristen durchaus gewohnt und in der Saison ist hier die Backpacker-Surferhölle los, aber die beginnt eben erst in zwei Wochen und jetzt herrscht tote Hose. Auch am nächsten Tag bestätigt mich mein Eindruck, viele Läden haben geschlossen und ich bin auf einmal froh, dass mir der Gastgeber Mubarak quasi gar keine Widerrede lässt und mir immer wieder etwas zu essen macht. Er ist zwar etwas aufdringlich, ich nehme ihm seine Gastfreundschaft aber ab und bin froh, dass ich etwas bekomme und abends nicht mehr allein auf die Straße muss. Auch am Strand sind nur sehr wenige Leute. Ein paar Surfer, viele Locals und wenige Paare sind zwar da, aber niemand, der in den Cafés abhängt oder baden geht. Ich bin quasi alleine und fühle mich komisch, mich hier im Bikini an den Strand zu legen und die Wellen sind leider zu hoch, um baden zu gehen…

Aber zwei Highlights gab es dann doch noch: Beim Rumlaufen am Strand entdecke ich eine kleine Holzhütte, in der selbstgenähte Taschen & Beutel aus alten Reis- und Jutesäcken hängen. Das weckt mein Interesse, ich gehe hinein und siehe da: im Laden sitzt Susi aus Österreich. Endlich auch ein Mädel alleine, endlich Jemand, der mich versteht! 🙂 Ich quatsche sie sofort an und setze mich, sage wie gut es tut, Jemand zu treffen. Sie erzählt mir, dass sie bereits seit drei Jahren mit ihrem Mann in der Nähe lebt und das Taschen-Projekt jetzt seit zwei Jahren leitet. Die neue Hütte hat erst seit zwei Wochen geöffnet. Die beiden haben sich mit „Rice & Carry Bags“ ihr eigenes kleines Fairtrade-Label aufgebaut und bieten Frauen aus der Region Jobs als Näherinnen an. Wow! Ich bin tief beeindruckt. Die Taschen sehen wirklich toll aus und ich sage ihr, dass ich auch selbst nähe und wie toll ich die Idee finde. Und auch am Abend bin ich kurzerhand doch noch verabredet und komme mal vor die Tür: Thorsten, ein ehemaliger Kollege aus meiner Hamburger Agenturzeit, Surfer und Weltreisender ist zufällig auch gerade schon in Arugam Bay und wir treffen uns spontan auf einen Drink. Danke Internet, dass es dich gibt! Manchmal ist Facebook eben doch zu etwas gut…

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